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2017Coffee guide Porto
Trink besseren Kaffee in Porto
Kaffeeszene im Aufbruch
Eine Stadt in Bewegung. Das betrifft nicht nur die Touristenströme rund um den Bahnhof Sao Bento, sondern auch die lokale Kaffeeszene. Mit Enthusiasmus und Liebe werden hier die persönlichen Träume umgesetzt. Es ist allerorten eine Aufbruchsstimmung zu spüren – einer Gesetzesänderung sei Dank (dazu später mehr…).
Mich haben die Resultate beeindruckt. Wie zum Beispiel ein kleiner, grüner Coffeetruck.
Combi Coffee – Es begann mit einem alten Mercedes…
Gonçalo Cardoso hatte genug von Telemetriedaten und gab seinen Job in der Automobilindustrie auf, um etwas völlig Anderes zu machen. Nach reiflicher Überlegung entschied er sich, mit einem Coffeetruck Espresso & Co. an die Leute… oder vielmehr zu den Leuten zu bringen.
Aber nicht irgendein alter Van sollte dafür her halten, sondern ein Besonderer. Und so fiel die Wahl auf einen alten Mercedes N1300. Eine, einst in Spanien gebaute, Rarität aus dem Jahr 1975. Die ganze Geschichte dazu könnt Ihr hier sehen:
Combi Coffee ist nun auch seßhaft geworden, so daß man sich die Suche nach dem aktuellen Standort des Vans sparen kann. Die große Fensterfront des neu eröffneten Ladens ist in der kleinen Nebenstraße nicht zu übersehen und gibt einem fast das Gefühl, draußen zu sitzen. Ganz hinten soll dann die Rösttrommel stehen, sobald die Stadtverwaltung grünes Licht gegeben haben wird.
Ein merkwürdiges Gesetz fällt weg und bringt Bewegung in die Szene.
Daß dort überhaupt eine Rösttrommel stehen kann, ist einer Gesetzesänderung zu verdanken. Bis vor kurzem durfte in Portugal nicht im gleichen Laden Kaffee geröstet und ausgeschenkt werden. Mit dem Wegfall dieser (für Deutsche zumindest) merkwürdig anmutenden Regelung, kommt nun gehörig Bewegung in die Szene und auch die anderen ‚Coffee Fellows‘ sind dabei, die letzten Formalien mit den lokalen Behörden zu klären.
Auch wenn die üblichen Third Wave Utensilien in Griffweite stehen, liegt der Fokus des Combi-Teams auf den espresso-basierten Getränken.
7g roasters – Auf der anderen Seite des Douro
Wen auch immer ich gefragt habe, was eine weitere lohnende Adresse wäre, fiel die Antwort unisono auf 7g roasters.
Erst wenige Tage vor meinem Besuch eröffnet, findet sich auf der anderen Seite des Douro im Stadtteil Gaia (der Wiege des Portweins) hinter der Fassade eines alten Lagerhauses die neue Topadresse für guten Kaffee.
Carla Pinho hat hier Rösterei, Ladengeschäft und stylische Ferien-Apartments unter einem Dach vereint. Die studierte Tourismus-Managerin ist über Umwege zum Kaffee und durch diverse Seminare zu Kaffee-Wissen gelangt. Dieses wird nun durch geballte Kompetenz erweitert, denn mit David Coelho hat sie sich den portugiesischen Barista-Champion ins Boot geholt. Leider war dieser zum Zeitpunkt meines Besuchs in Lissabon; es wäre sicherlich spannend gewesen, sich auch mit ihm zu unterhalten.
Neben der kompetenten Beratung des anwesenden Barista zeigt sich auch bei den angebotenen Kaffees, daß hier eine neue Meßlatte gesetzt wurde. Vier verschiedene Röstungen warten in den Mühlen darauf, verkostet zu werden.
Die zwei, die ich probiert habe, waren für mich definitiv die Spannendsten des gesamten Porto-Aufenthalts.
Beide zeichneten sich durch komplexe Aromen aus, die sich deutlich vom Rest abhoben. Auch wenn es mir schwer fällt Geschmacksnoten zu beschreiben, so will ich es wenigstens versuchen. Der single origin aus Äthiopien war rund mit fruchtig-floralen Noten. Der Mea Gaya Blend hatte verschiedene Töne von Schokolade, Karamell und etwas Nuss, die sich mit changierenden Fruchtnoten verbunden haben.
Ein Blick auf das Regal hinter dem Tresen läßt auch die Freunde der Third Wave Brühmethoden glücklich werden; auch wenn ich gestehen muß, daß mein Herz für mit Hochdruck gebrühten Kaffee schlägt. Da haben die vielen Italien-Urlaube seinerzeit wohl doch nachhaltige Spuren bei mir hinterlassen…
Die Apartments waren noch nicht ganz fertig gestellt, sollen aber im Oktober 2017 in Betrieb gehen. Ich durfte trotzdem schon mal einen Blick hinein werfen und fand die Kombination aus Glas, Beton und Holz sehr gelungen.
Mesa 325 – Wohnzimmer in der Nachbarschaft
Etwas abseits des Trubels der Innenstadt ist das Mesa 325 ein wohltuender Rückzugsort und Ruhepol. Die Atmosphäre ist eine Mischung aus Wohnzimmer und Co-Working Space. Irgendwo zwischen entspannt, zuhause und beschäftigt – aber hauptsache mit einem guten Kaffee. Der darf dann auch gerne aus Chemex oder Hario kommen.
Seit gut drei Jahren sehen sich Mario, Leonor und Juve gutem Kaffee verpflichtet, ganz gleich wie er zubereitet wird.
Für mich war es spannend, den Single Origin parallel aus der Chemex und als Espresso zu probieren. Sehr interessant, wie sich die Aromen aufgrund der unterschiedlichen Extraktionsverfahren unterschiedlich entfalten. Von Hand aufgebrüht wirkt die gleiche Bohne viel fruchtiger und säurebetonter.
Sehr empfehlenswert ist auch das umfangreiche Frühstücks/Speisen-Angebot. Hebt Euch noch etwas Appetit auf…
https://www.facebook.com/mesa325/
Café Progresso – Tradition und Fortschritt
Das älteste Kaffeehaus Portos ist seinem Namen gerecht geworden und hat sich kürzlich neu definiert. Nach einer Rundum-Renovierung wurde es Anfang September 2017 wieder eröffnet.
Knalliges mint-grün macht selbst vor der La Marzoccho nicht halt, das Branding wurde bis in’s letzte Eck ausgerollt. Die Inneneinrichtung im industrial-chic aus Holz, Leder und Kupferrohren hat sich dem Zeitgeschmack angepaßt.
Auch hier wurde die Rösttrommel in den Gastraum integriert und wartet auf ihren Einsatz.
Der Cappuccino im Progresso kann nicht nur aromatisch, sondern auch noch visuell punkten. Denn latte art wurde sonst nirgends mit solch einer Hingabe zelebriert.
https://www.facebook.com/cafeprogresso/
Wo finde ich was?
Bei all der Dynamik, die gerade die Kaffeeszene Porto’s erfaßt hat, werden diese Reisetips sicherlich nicht alles beinhalten können. Zur leichteren Orientierung habe ich diese in der unten stehenden Karte zusammen getragen.
Ebenso wie die weiteren, tollen Tips, die Lutz auf Coffee Circle beschrieben hat. Für die ich mich herzlich bedanken und meinerseits etwas zur Verbreitung von gutem Kaffee beitragen will.
Guter Kaffee ist leider keine Selbstverständlichkeit. Deshalb bin ich für jeden Tip dankbar.
Schreibt mir Eure Favoriten, wo auch immer in der Welt Ihr besseren Kaffee trinkt, in die Kommentare!
Porto hat viel zu bieten. Viel Spaß beim Treiben lassen und Kaffee entdecken.
Ruth
Café mokuska in der Johannesstr in Stuggi 😊 Mit eigener Rösterei …